Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber irgendwie habe ich ein Problem damit, mich zum Affen zu machen. Das mag daran liegen, dass ich eher der introvertierte Typ bin. Worauf das zurückzuführen ist? Höchstwahrscheinlich aus dem Aspekt der kindlichen Prägung. Denn schon damals galt ich als der mit den seltsamen Hobbys. Als Kind mochte ich kein Fußball, als Heranwachsender konnte ich mit Viva nichts anfangen und als Jugendlicher keinen Alkohol in mich reinkippen. Das sorgte erst einmal für eines: dass man, wenn man doch mal über sich selbst erzählte, ausgelacht wurde.
Ob das die (natürlich verkürzte) Ursache war, mögen Psychologen beurteilen. Ich für mich selbst weiß einfach, dass ich ein Problem habe, vor Gruppen aus mich herauszugehen. Also zum Beispiel herumzuhampeln, um Bauchtanz, Sackhüpfen oder eine Schneeballschlacht darzustellen. Natürlich ist das irgendwo ein persönliches Problem von mir, das ich vielleicht mal angehen sollte, aber ich bin mir sicher, ich bin nicht allein.
Daraus und aus diversen Spieleerfahrungen heraus, hat sich bei mir ein Grundsatz eingeprägt. Alles, aber bloß keine Partyspiele! Wie konnte man denn überhaupt damit Spaß haben, wenn alle um einen herumstehen und auslachen. Dabei habe ich fröhlich alle Spiele, die auch nur im Entferntesten in die Richtung gehen, in eine Sack geworfen, diesen fest verschlossen und im Meer der unterdrückten Emotionen ertränkt. Aber mein Gott, wie falsch konnte ich damit nur liegen?
Ich spule wieder ein wenig zurück. Wir sind letztes Jahr in das Dorf meiner Jugend zurückgezogen. Dort ging ich in die Bibliothek, um nachzufragen, ob sie denn Interesse an Brettspiel-Spenden hätten. Dass ich dabei nicht nur wieder Ordnung in meine Sammlung bekommen würde, hätte ich nicht gedacht. Denn die Chefin hat mich direkt vom Fleck weg verhaftet und mir klargemacht, dass ich doch bitte Brettspieltreffen ausrichten soll.
Und so ist es dann auch geschehen. Wir haben einen regelmäßigen Brettspieltreff in Wildpoldsried eingerichtet. Zuerst wusste ich noch nicht so recht, wie ich vorgehen soll. Schließlich bin ich ein ernstzunehmender Brettspieler, der seine Passion über die Jahre hinweg optimiert und geschärft hat. Einer derjenigen, der sich in Mangel-Euros so richtig wohlfühlt und stets der nächsten Herausforderung hinterherhechelt.
Dann kamen die Brettspielnachmittage. Und was soll ich sagen? Ich hatte richtig Spaß mit Spielen wie Kartoffelkönig, Miezekatze, Krasse Kacke und Co. Also nicht unbedingt Partyspiele an sich, aber Spiele, bei denen man sich so richtig lächerlich machen kann. Ist mir das peinlich? Mitnichten! Denn warum sollte Freude peinlich sein? Und diese brach nicht nur bei mir, sondern auch allen Mitspielenden aus. Und daran ist überhaupt nichts verkehrt.
Es brauchte diesen Treff, um meinen elitären Blick ins Wanken zu bringen. Den Schritt aus meiner Bubble, der erstaunlicherweise äußerst erfrischend war. Zwar bin ich immer noch weit davon entfernt, vor einer Gruppe der Pantomime oder dem Gesang zu frönen, aber wer weiß, was noch so kommen mag?
Und vielleicht sollten wir alle immer ein wenig offener sein. Klar kennt man sich und seinen Geschmack, aber deswegen kann man doch einfach auch mal akzeptieren, dass andere nicht schlechter sind, weil sie ihn nicht teilen. Niemand muss Menschen, die Spaß an Partyspielen, Monopoly, Mensch ärgere dich nicht und anderen haben davon überzeugen, dass sie falsch liegen. Denn solange sie etwas mit Freude machen, machen sie es richtig.
– Christian Renkel, www.spielstil.de