Carina Brachter

Letztens entspann sich bei der Auswahl des abendlichen Spielprogramms eine Diskussion darüber, ob ein bestimmtes Spiel mal wieder auf den Tisch kommen sollte. Ich war ganz klar dagegen, denn dieses Spiel bedeutet für mich „Arbeit“ und danach war mir nun so gar nicht.

Bedeutung des Spielens

„Spielen [ist] eine Tätigkeit, die zum Vergnügen, zur Entspannung, allein aus Freude an ihrer Ausübung, […] ausgeführt werden kann.“ Auf diese Weise wird „Spielen“ bei Wikipedia definiert, und da schließe ich mich uneingeschränkt an: Spielen möchte ich zum Feierabend oder an den Wochenenden, um mich von oft stressigen und manchmal wenig erfreulichen Arbeitstagen oder anderen Alltagsaufgaben abzulenken, andere Themenwelten zu betreten und dies in netter Begleitung durch meine Mitspieler. Die Spiele und die Auseinandersetzung mit den Spielpartnern dürfen mich dabei gerne ordentlich herausfordern und die grauen Zellen in Wallung bringen. Schließlich spiele ich schon viele Jahre und habe meine Präferenz im Bereich der gehobenen Kenner- bis Expertenspiele. Da wäre es unerhört, wenn ich jedwede Anstrengung vermeiden wollen würde.

Ist denn nicht jedes Spiel „Arbeit“?

Auch Mau Mau und Mensch ärgere dich nicht haben Regeln und verlangen zumindest ein stückweit taktisches Denken. Ein Spiel verlangt daher von jedem Spieler zunächst „Kopfarbeit“ – das ist häufig auch der Punkt, der Nicht- oder Wenigspieler vom Spielen abhält. Dieses rein „arbeiten“, das frei nach dem Motto „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ zunächst erfolgen muss.

Jedes Spiel funktioniert auf der Basis von Regeln, und diese müssen verinnerlicht werden. Kann das Spiel nicht von einem der Spieler erklärt werden, dann muss einer die Regeln lesen, und das bedeutet, das Spiel theoretisch zu antizipieren. Anhand der Regeln wird in der Theorie einmal der Spielablauf erklärt. Wer hier nicht die Begabung oder die erlernte bzw. trainierte Fähigkeit besitzt, diesen Spielablauf in der Theorie nachzuvollziehen und zu verinnerlichen, wird es als anstrengend empfinden, dies zu tun.

Dann geht es weiter: Die Erarbeitung der Mechanik oder der notwendigen Taktik, beginnend mit dem Studium der Spielregeln, weiter über die Auseinandersetzung mit den Gegnern, Kämpfen, Attackieren und dem Ringen um den Sieg. Man ist gezwungen, sich mit neuen Themen und Zusammenhängen auseinanderzusetzen, sie zu verstehen und schließlich so zu nutzen, dass es einem selbst zum Vorteil gereicht. Oft genug schickt man dafür auch noch „Worker“ ins Rennen, die auf dem Spielplan die Arbeit für einen übernehmen. Manches Spiel und manche Mechanik fordert einen so sehr, dass man zunächst einige Partien benötigt, bis man sie einigermaßen beherrschen kann. Spiele fordern in diesem Fall einiges an „Arbeit“ von uns, aber wann hört das auf, Spaß zu machen?

Wann ist dieser Punkt bei mir erreicht?

Unangenehm anstrengend wird ein Spiel für mich, wenn die Regeln schwierig zu verstehen sind, wenn sich das Spielprinzip nicht intuitiv ergibt. Wenn es die Bildsprache notwendig macht, immer wieder nachzuschlagen, was gemeint ist, es immer wieder zu Unterbrechungen im Spiel führt. Wenn sich das Spielgeschehen zäh gestaltet, kein richtiger Spielfluss aufkommt. Wenn das Spiel keine Erfolgserlebnisse zugesteht und das in jeder Partie aufs Neue. Wenn aus Herausforderung Überforderung wird, wenn das Spiel also kein Vergnügen in mir erzeugt. Auf diese Weise kann es einen Widerwillen in mir auslösen, es überhaupt noch einmal auf den Tisch zu bringen. Schließlich möchte ich die Frei- und somit Spielzeit mit so vielen anderen Spielen deutlich angenehmer verbringen.

Da hört der Spaß für mich auf und dann ist es Zeit, sich zu trennen. Das Spiel und ich werden dann keine Freunde mehr. Vielleicht wird jemand anders damit glücklicher, denn so viel sollte jedem klar sein: Wann ein Spiel Arbeit wird, ist wie so vieles im Leben rein subjektiv. Und das ist auch gut so!

– Carina Brachter, www.brettspielbox.de