Letztens beim Spieleabend ist es mal wieder geschehen. Ich musste mich rechtfertigen, ein bestimmtes Spiel nie gespielt zu haben. Der Vorwurf: ich sei doch Content Creator in der Brettspielszene, ich könne doch nicht so ein tolles Spiel ignorieren.
Doch! Ich kann! Ignorieren ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber manchmal ist es einfach so, angesichts der Flut neuer Spiele jedes Jahr. Da geht halt mal was unter. Manchmal aber auch gewollt, was auch nichts mit ignorieren zu tun hat, vielmehr mit persönlichem Geschmack. Was soll ich ein gehyptes Spiel mit Gewalt spielen müssen, wenn es mir thematisch oder mechanisch oder optisch nicht gefällt? Nur weil es gerade der heiße Scheiß ist? Dafür sehe ich absolut keinen Grund.
Ich wundere mich immer wieder über diese Art Vorwürfe. Sie sind doch eigentlich völlig haltlos und vor allem völlig unnötig. Ja, ich habe zum Beispiel Arche Nova vor zwei Wochen zum ersten Mal gespielt. Nicht weil ich einen Zwang verspürte, diese „Wissenslücke“ zu schließen, nein, es hat sich einfach ergeben und ich hab gerne mitgespielt. Jetzt kann ich mitreden und fühle mich deshalb weder schlechter noch besser. Ich spiele, was MIR Spaß macht.
Jetzt seid ihr dran. Schaut in euer Spieleregal und in das Spieleregal anderer Spielenden. Was haben andere, was habt ihr? Ist es euch unangenehm oder gar peinlich, wenn ihr Unterschiede im Fundus findet? Ich denke, niemand muss sich rechtfertigen, ein Spiel nicht gespielt zu haben. Niemand muss so etwas in den sozialen Medien oder anderweitig anprangern, denn jeder soll das spielen, was ihm oder ihr Spaß macht. Wenn wir anfangen, unter Zwang zu spielen, haben wir schon verloren.
– Oliver Spielevater, www.spielevater.de
Letztens wurde ich mal zu einer Partie Nemesis überredet und hab mich in den folgenden vier Stunden auch ganz gut amüsiert. Erst hinterher habe ich auf Boardgamegeek gesehen, wie bekannt und beliebt das Spiel ist. Offenbar habe ich da eine Bildungslücke geschlossen, von der ich vorher gar nichts wusste.
Ich hab es da vielleicht ein bisschen leichter als Oli, weil ich sowieso dafür bekannt bin, eher außergewöhnliche Spiele aus fernen Ländern zu spielen. Dafür habe ich scheunentorgroße Lücken bei einheimischen Veröffentlichungen, und das ist auch kein Problem für mich. Vielleicht löst es hier und da mal ein bisschen Überraschung aus, dass ich ein berühmtes Spiel nicht kenne, aber einen Vorwurf hat mir noch nie jemand daraus gemacht. Wenn jemand mal was auf den Tisch stellt, was gerade in aller Munde ist, bin ich auch oft neugierig und spiele mal mit. Aber was soll ich dem hinterherjagen? Selbst bei den Spielen des Jahres gibt es noch zwei oder drei, die ich nie gespielt habe, bei den Kennerspielen noch ein paar mehr. Macht doch nichts! Wer sollte mir daraus einen Vorwurf machen?
Ich fühle mich da ein bisschen an Leute erinnert, die Listen von Büchern veröffentlichen, die man unbedingt kennen muss, wenn man ein gebildeter Mensch sein will. Das sind meist altehrwürdige Werke, und die haben sicherlich ihren Platz in unserer Kultur. Aber wenn ich die jetzt alle lesen sollte, dann hätte ich gar keine Zeit mehr für unbekannte, ungewöhnliche oder auch einfach nur neue Bücher. Das fände ich schade. Ich lese doch nicht, um mir einen Ruf zu erarbeiten, sondern weil es mir Spaß macht.
So geht es mir auch bei den Spielen. Es gibt so viele spannende Spiele zu entdecken, da brauche ich nicht das zu spielen, was alle spielen. Das gilt auch und besonders für mich als Blogger. Wenn ich genau die gleichen Sachen spielen und besprechen würde wie alle anderen auch, dann würde mich doch auch niemand mehr brauchen. Stattdessen freue ich mich darüber, dass es Spiele für so ziemlich jeden Geschmack gibt. Und darüber, dass Oli jetzt Arche Nova gespielt hat. Dann brauche ich es ja nicht mehr zu tun. 🙂
– Hilko Drude, Du bist dran!