Juror: Hendrik Breuer

Bereits in der zweiten Runde trifft Modern Art (1993) auf Puerto Rico (2002), das ist ja wie Bayern München gegen Real Madrid im Achtelfinale der Champions League: Etwas zu früh. Und im Viertelfinale wartet dann Olympique Lyon bzw. Louis XIV auf die 5:0-Packung? Egal, so ist halt der Modus.

Zufälligerweise sind Modern Art und Puerto Rico auch die beiden einzigen Spiele in meiner nicht kleinen Sammlung, von denen ich mehr als eine Ausgabe besitze. Modern Art wird halt ständig neu aufgelegt, weil ein Verlag irgendwo auf der Welt das Spiel neu entdeckt, und Puerto Rico, um zumindest die Farben bestimmter Spielsteine auszutauschen. Beide Spiele sind aber in meiner Allzeit-Top-… Five? Das wird also ein haariges Duell.

Modern Art gilt gemeinhin als Reiner Knizias bestes Auktionsspiel und sein thematischstes Werk, und das nicht etwa, weil er sich eine komplexe Sci-Fi-Welt ausgedacht und sie auf hunderte Karten niedergeschrieben hätte, sondern weil das Spiel die volatile, kaum vorhersehbare und zu Wahnsinns-Ups and -Downs neigende Welt der Kunstauktionen und -Sammler mechanisch so hervorragend abbildet. Alle Mitspielenden sind manchmal Auktionator, aber immer Sammlerin, und während die Preise bestimmter Künstler nur eine Richtung kennen: nach oben, werden einem die Werke anderer Malerinnen geradezu nachgeschmissen.

Theoretisch ist Modern Art ein einfaches Spiel: Bild aussuchen, versteigern, weiter geht’s, bis das fünfte Bild eines Malers auftaucht und eine Wertung auslöst. Die Dynamiken des Spiels zu durchschauen, dauert eine Weile, und selbst nach Dutzenden Partien kann man sich komplett verzocken. Das Spiel ist ein Meisterwerk, das ich in jedem Jahr noch zwei-, dreimal spiele.

Während ich Modern Art erst ein Jahrzehnt nach dessen Erscheinen zum ersten Mal gespielt habe, bin ich mit Puerto Rico gleich von Anfang an durchgestartet. Anfang der Nullerjahre war das Spiel von Andreas Seyfarth (zumindest meiner Erinnerung nach) eine Zeit lang das Euro für ambitioniertere Spielerinnen und Spieler. Passend dazu lag Puerto Rico von 2003 an fünf Jahre lang auf Position eins bei BGG, sozusagen das Gloomhaven von vor zwanzig Jahren. Ich habe das Spiel also eine ganze Weile rauf und runter gespielt, dann aber nicht mehr so häufig. Was vielleicht damit zu tun hat, dass es irgendwann einfach unglaublich viele Euros dieser Gewichtsklasse gab und der Cult of the New das Spiel bei mir etwas verdrängt hat.

Zehn, fünfzehn Jahre nach Erscheinen des Spiels ging dann auch die Diskussion um das Thema Kolonialismus in Brettspielen los. Puerto Rico gilt seitdem bei einigen als Spiel, welches vieles falsch macht: Das Thema Sklaverei werde komplett ausgeblendet, die eigentlichen Einwohner der Insel kämen gar nicht vor, das gesamte Wirtschaftssystem, das hier abgefeiert wird, sei nicht gerade menschenfreundlich. Stimmt natürlich alles und braune „Kolonisten“-Marker machen’s nicht gerade besser. Die aktuellste Ausgabe des Spiels ist dann auch überarbeitet worden und thematisch etwas geglättet. So ist das halt mit Klassikern. Nicht alle altern gleichmäßig gut und doch sollten die ärgsten Kritiker nicht vergessen, dass die genannten Kritikpunkte in den ersten zehn Jahren des Spiels niemandem so richtig aufgefallen sind.

Spielmechanisch ist Puerto Rico aber übrigens auch weiterhin über jeden Zweifel erhaben, es ist ein mega gutes Spiel – was man nicht gerade über jedes Werk von vor zwanzig Jahren sagen kann.

Über Modern Art allerdings schon, und deshalb gewinnt es auch dieses Duell. Vielleicht liegt es daran, dass ich seit einiger Zeit Heavy Euros etwas über habe und klar designte Spiele mit direkter Interaktion und vielen emotionalen Höhepunkten immer einem ruhigen Optimierer vorziehen würde. Außerdem gewinne ich Modern Art erstaunlich häufig, was bei Puerto Rico nie der Fall war. Wenn schon subjektiv, dann richtig!

Jetzt, da der große Brocken Puerto Rico schon so früh aus dem Weg geräumt wurde, kann für Modern Art ja auch eigentlich nichts mehr schiefgehen. Das Ziel ist das Finale!

Der Gewinner ist: Modern Art

 

Unser morgiger Juror Peter Rustemeyer ist weniger durch seinen Blog bekannt, denn als Spieleautor. Sein Paleo hat den Beeple Award gewonnen und wie man so hört auch noch den einen oder anderen Preis.Heute könnte noch einer hinzukommen/hinzugekommen sein.

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