Juroren: Spielfritte

Die Klingel macht „Dong-Dong“ und alle spielbegeisterten Zuschauenden schauen auf den Ring, denn dort treten sie an – zwei Gewinner des Deutschen Spielepreises. Etwas graubärtig sind sie geworden, und an den Augen kann man manch Faltenpaare erkennen. Ja ja, die Zeit kennt keine Gnade und lässt straffe Schachtelspannung faltig werden.

In der einen Ecke, ein Erstplatzierungsvertreter aus dem Deutschen Spielepreis Reigen, Das Labyrinth der Meister (Ravensburger, 1991), und in der anderen Ecke, ebenfalls mit einem Erstplatzierungsfähnchen versehen, Sankt Petersburg (Hans im Glück, 2004). Diese beiden Gewinn-Spiele kloppen sich zusammen im Ring um den Frittenpreis.

Auf geht’s! Mit gehobenen Fäusten tänzeln die beiden Spieleschachteln auf einander zu. Schiebespiel-Grübel-Kandidat Labyrinth steht wuchtig und breit im Boxring, in seinen Innereien schütteln kleine Plättchen umher und manch Karte raschelt im Gebälk. Ups, was kullert denn da aus der etwas löchrigen Spieleschachtel? Ist es eine Figur? Oh weh, leichte Inkontinenz im Boxring – das haben wir auch noch nie gesehen. Trotz der Breite schiebt sich das Grübelgenie geschmeidig durch den Ring, und es scheint, dass der Kandidat eine bestimmte Richtung bevorzugt. Sammelt er sogar etwas auf der Matte ein? Es scheint so. Was ist das? Wie hinterhältig … Der Labyrinth-Kandidat holt aus dem Verborgenen ein Holzknüppel hervor und ist so schnell noch einmal am Zug – unglaublich. Für seine Jahre, die er auf dem Buckel hat, ist er ganz schön auf zack! Aber auch unser anderer Kandidat, Kandidat Petersburg, schlägt sich tapfer auf der Matte. Kleiner und etwas kompakter als der Rivale, lässt er sich geordnet und sortiert in die Karten gucken. Es scheint, dass er bedacht und konzentriert sich auf seine Schläge vorbereitet. Was ist das? Holt der Hans im Glück da etwa ein Bündel Geldscheine aus der Tasche hervor? Was hat er vor? Will der den Labyrinth-Meister etwa bestechen? Unglaublich, was ist das nur für ein Kampf hier im Ring? Peu a peu baut sich der „Peter“ hier seine Punkteschläge zusammen, und ganz anders als sein breiter und beweglicher Rivale, ist dieser kleine Karten-Hans sehr bedacht und tüftelt eine gemeingefährliche Kampfstrategie aus. Was ein Fuchs! Der Kampf ist im vollen Gange und beide Vertreter schieben, teilen aus, handeln und sammeln Punkte. Und zum Ende hin gewinnt … Ein wahrer Meister im Ring, auf dem Tisch, in der Geschichte des Spiels. „Kling-kling-kling-kling-kling!“, der Kampf ist entschieden, und auch wenn es sehr knapp war, so geht Das Labyrinth der Meister mit knappem Vorsprung aus dem Ring als Gewinner hervor. Wir gratulieren dem unterhaltsamen Gewinner, dessen Züge leicht zu verstehen, und herausfordernd in der Umsetzung sich zeigen. Spannend, unterhaltsam, zugänglich und knackig zugleich. Ein Evergreen, der auch mit 30 Jahren auf dem Buckel zu begeistern weiß.

 

Morgen wechseln wir ins Printmedium: Wolfgang Friebe schreibt seit 1990 für die Zeitschrift Fairplay.

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