Letztens hat sich ein weiterer Spielepreis verabschiedet. Seit 2009 wurde jährlich der Graf Ludo in den beiden Kategorien „Beste Kinderspielgrafik“ und „Beste Familienspielgrafik“ verliehen. Zu den Gewinnertiteln zählten zum Beispiel Titel wie Fresko, Die Legenden von Andor, Glück auf, Abyss oder zuletzt Evergreen. Im vergangenen Jahr konnte laut der Jury keine Kinderspielgrafik der Auswahlliste die erforderliche Punktzahl für eine Auszeichnung erzielen. Offenbar ein erster Hinweis auf das Aussterben dieses Preises, in dessen Mittelpunkt die Illustrationen und damit auch die dafür verantwortlichen Personen standen. An Stelle dieses Preises rückt nun ein weiterer Publikumspreis, für den die Besucher der Hobbymesse Leipzig (ehemals Modell, Hobby, Spiel) zukünftig abstimmen können.
Natürlich hat jeder Preis seine Berechtigung, und jede Jury setzt alleine durch unterschiedliche Besetzung andere Maßstäbe zur Bewertung an. Ein Publikumspreis kann natürlich eine weite Spanne unterschiedlicher Personen mit ganz eigenen Vorlieben abdecken und damit zu einem spannenden Ergebnis kommen. Dennoch finde ich es sehr schade, dass durch den Wegfall des Graf Ludo die Illustrationen der Brettspiele nicht mehr in besonderem Rampenlicht stehen.
Schon 2016 mussten wir von einer besonderen Auszeichnung im Brettspielbereich Abschied nehmen. Nämlich von der Essener Feder, mit der jedes Jahr ein Spiel für herausragende Verständlichkeit und Zugänglichkeit der Spielanleitung ausgezeichnet wurde. Dabei handelte es sich um eine Auszeichnung, die auch heute noch wertvoll wäre, damit Verlage vielleicht einen weiteren Anreiz hätten, bei den Spielregeln große Sorgfalt walten zu lassen, um ihren Spielen gut verständliche und nachvollziehbare Regeln beizulegen. Auch die Spiel des Jahres-Jury hat in den vergangenen Jahren immer wieder nicht optimale Spielanleitungen erwähnt. Der damalige Jury-Vorsitzende Tom Felber beklagte im Jahr 2018, dass die Jury einige wirklich gute Spiele für das Spiel des Jahres aussortiert habe, weil deren Spielregeln nicht die geforderte Qualität erfüllten.
Ich würde mir wünschen, dass es mehr Preise gibt, die nicht nur die Spielerlebnisse selbst im Fokus haben. Denn die Welt der Brettspiele ist so vielfältig, und ganz unterschiedliche Aspekte an einem Brettspiel tragen zu unserem Wohlbefinden bei. Dazu gehören die Illustrationen, eine gelungene Spielanleitung, aber auch gute redaktionelle Arbeit oder die passende thematische Einbettung eines Mechanismus. Für manche ist ein gut ausgearbeitetes Insert einen Kauf wert, andere werden durch gezieltes Marketing bestimmter Verlage oder auch durch Vorstellung ihrer liebsten Medienschaffenden auf ein Spiel aufmerksam. Es gibt so viele Akteure in der Welt der Brettspiele, die alle einen Preis verdient hätten, für ihre Arbeit mit und an Brettspielen. Von daher wünsche ich mir mehr Mut dazu, bei Brettspielpreisen auch außerhalb der Spiele selbst zu schauen, was auszeichnungswürdig sein könnte.
– Sonja Domke, www.brettspielpoesie.de
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