Letztens musste ich mal wieder eine App installieren, um ein neues Brettspiele spielen zu können. Kaum eine Entwicklung der letzten Jahre hat die Brettspiel-Community derart gespalten, wie App-unterstützte Brettspiele. Immer mehr Brettspiele setzen Apps ein, um das Spiel zu unterstützen oder gar Teile des Spiels darauf auszulagern. Viele malen auf Grund dieser Enwicklung den Teufel an die Wand und prophezeien das Ende klassischer Brettspiele durch die fortschreitende Digitalisierung. Wann ist ein Brettspiel noch ein Brettspiel? ist die Frage, die sich viele stellen. Und leider gibt es darauf keine einfache Antwort.
Ich selber habe vor vielen Jahren wieder zum Brettspiel-Hobby zurückgefunden, gerade weil ich den ganzen Arbeitstag vor dem Monitor sitze und das rein Analoge am Brettspiel-Hobby so sehr als Ausgleich mag. Es ist einfach schön mal keinen PC, kein Tablet und auch kein Smartphone anzustarren, sondern sich in gemütlicher Runde an den Tisch zu setzen und etwas ganz ohne moderne Technik zu machen. Das haptische Erlebnis finde ich dabei besonders angenehm, und auch wenn ich Computerspiele ebenfalls mag und gern spiele, fehlt genau das dort natürlich sehr.
Dennoch ist die Entwicklung deutlich. Während vor einigen Jahren Brettspiele mit App-Unterstützungen noch Exoten waren, wie XCOM: Das Brettspiel 2015 oder Villen des Wahnsinns: Zweite Edition 2016, sieht das mittlerweile anders aus. Destinies, Chronicles of Crime, Descent: Legends of the Dark, Herr der Ringe, Forgotten Waters, das kommende The Dark Quarter und viele mehr bringen eine App mit, ohne die gar nichts mehr geht. Hier sind es also nicht nur hilfreiche Unterstützungs-Apps, die einem vielleicht etwas Arbeit abnehmen, sondern diese Apps sind zwingend notwendig zum Spielen. Und in Zukunft kommen da noch viele mehr. Andere Brettspiele bringen dagegen nur eine ergänzende App mit, wie Dune: Imperium. Da kann man aber auch darauf verzichten, wenn man möchte.
Ich persönlich bin neuen Entwicklungen grundsätzlich aufgeschlossen und halte nicht viel von der „Früher war alles besser“-Stimmung. Wenn es danach gehen würde, dann würden wir noch immer alle nur Mensch ärgere Dich nicht oder ähnliche „Klassiker“ spielen.
Natürlich ergibt eine digitale Komponente nicht bei jedem Brettspiel Sinn, aber viele profitieren davon, sei es, weil man weniger Verwaltungsaufwand hat oder sich einfach neue Möglichkeiten dadurch ergeben. Ich habe also nichts gegen eine unterstützende Digitalisierung, aber am Ende sollte es dennoch ein Brettspiel sein und sich so anfühlen. Gerade der haptische Aspekt sollte meiner Meinung nach erhalten bleiben und der Schwerpunkt muss darauf liegen. Verbringt man dagegen mehr Zeit mit einem Bildschirm, dann wird es schon schwierig. Das ist aber auch eine persönliche Geschmackssache, und jeder kann und sollte für sich entscheiden, was noch ein Brettspiel ist – und was nicht mehr. Dass dabei natürlich auch die Frage eine Rolle spielt, ob solche App-unterstützten Brettspiele in Zukunft überhaupt noch funktionieren, finde ich wichtig und diese Frage sollte gestellt werden. Schließlich möchte man seine Lieblingsspiele gern auch noch in zehn Jahren spielen können.
Generell mache ich mir aber keine Sorgen um das Brettspiel als solches und sehe in der Digitalisierung auch nicht den Anfang vom Ende der analogen Unterhaltung. So viele Menschen habe gerade in den letzten Jahren Brettspiele als tolles Hobby schätzen gelernt, um sich vom Stress der digitalen Welt erholen zu können, und das wird auch so bleiben. Wie viel man an Digitalisierung des Brettspiel-Hobbies zulässt, kann man ja selbst frei entscheiden.
Und so wünsche ich euch allen weiterhin viel Spaß mit Brettspielen, ob mit oder ohne App.
– Peer Wandiger, Abenteuer Brettspiele