Christian Jacob

Das Jahr 2020 war bei mir garniert mit so vielen guten Brettspielen wie vielleicht nie zuvor. So richtige Spielspaß-Graupen sind mir so gut wie keine untergekommen. Nun könnte man vermuten, dass ich in absoluter Glückseligkeit regelmäßig am Tisch die Meeple, Karten und Würfel gestreichelt habe. Rückblickend ist das aber nicht der Fall! Ich hatte persönlich mit einigen Titel viel weniger Spaß, als es die spielerischen Qualitäten vermuten lassen würden. Ein Stück weit liegt das sicher an den vielen verpassten Runden mit den eigenen Brettspiel-Bagaluten. Brettspiele sind immer nur so gut wie die Stimmung am Tisch. Corona hat das aufs Neue bewiesen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

Schuld an der Misere könnte die neue Leichtigkeit einiger Brettspiele sein, bei eigener entsprechender Erwartungshaltung an das, was Brettspiele leisten sollen. Ein Teil des Reizes entsteht bei mir durch Reibung. Ich will ein Brettspiel nicht sofort begreifen. Ich möchte mich spielend mit Problemen beschäftigen, mich in Sackgassen manövrieren und es beim nächsten Mal besser machen. Gerade im Bereich des gehobenen Kennerspiels und der Expertenspiele möchte ich auch mal eine Backpfeife des Autors spüren. Nach dem Motto: Christian, das kannst du doch besser! Mir muss nicht alles gelingen, denn nur so will ich in der nächsten Partie neue Pfade austreten. Ein Wasserkraft z.B. paart dies noch mit einer großen Portion Interaktion. Die erste Partie war unvergesslich fordernd und schlecht gespielt. Wunderbar! Andere Hochkaräter, wie z.B. On Mars oder Bonfire sind unheimlich elegant in ihrer spielerischen Vorwärtsbewegung. Schon bei der Erstpartie kann es richtig nett flutschen. Das sorgt für weniger Frust und den besseren Spieleinstieg, vor allem für weniger erfahrene Personen, mindert aber meine zukünftige Neugier.

Keine Helden-Stimmung

Allerdings bezog sich meine innere Enttäuschung nicht nur auf Expertenspiele. Wenn schon keine Sackgassen, dann möchte ich Entscheidungen erleben. Die Spannung einen strategischen oder taktischen Pfad zu betreten und zu wissen, es gibt an dieser Stelle kein zurück, ist für mich nicht nur wichtiges Spannungselement, sondern eben auch die Knospe des Wiederspielreizes. Ganz aktuell zeigen CloudAge und Paleo, wie man ohne aufgeblähte Mechanik Entscheidungen mit Spannung erzeugt. Nach der Partie ist vor der Partie. Ich will mein Luftschiff in CloudAge anders ausbauen. Und wie viel Nervenkitzel erzeugen bitte diese Wolken-Sleeves! Bei Paleo entstehen wilde wie interessante Diskussionen, obwohl man mechanisch nur eine von drei möglichen Karten aufdeckt. Suboptimale Entscheidungen gehören bei beiden Spielen dazu. Die verschollenen Ruinen von Arnak, sei das Spiel noch so wunderschön, eröffneten uns hingegen in der Erstpartie sämtliche Wege. Einige Monster besiegt, erfolgreich die Insel erkundet und am Ende auch noch auf der Forschungsleiste ganz oben angekommen. Ja, es war die einfachere Seite des Spielbretts, aber am Ende waren wir Alleskönner. Da kommt keine Helden-Stimmung auf!

Am Ende sind das natürliche stark persönliche Präferenzen, wann ein Spiel richtig Spaß macht. Und versteht mich nicht falsch, ich bin auch kein Freund von Brettspielen, wo man viele Stunden am Tisch sitzt und die Partie rückblickend schon in der ersten Runde verloren hat. Ja, Food Chain Magnate, du bist gemeint. Den richtigen Gradmesser als Autor zu finden ist sicher alles andere als einfach, und nicht jedes Spiel muss auf jeden Eimer passen. Wie geht es Euch, seid Ihr auch Freunde der kleinen Daumenschrauben im Spieldesign?

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